Menü

Organe der UN-Friedenssicherung

Unter dem Dach der Vereinten Nationen gibt es eine Reihe von Organen zur Friedenssicherung. Im Zentrum steht der UN-Sicherheitsrat, dem die Mitgliedstaaten in der Charta die "Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit" zugewiesen haben. 

Geschäftiges Treiben im UN-Sicherheitsrat: Dieser hat die Aufgabe, den Weltfrieden zu wahren. (UN Photo/JC McIlwaine)

Der UN-Sicherheitsrat trägt als eines der UN-Hauptorgane die Verantwortung, die internationale Sicherheit und den Weltfrieden zu wahren. Er ist das zentrale Gremium des UN-Konfliktmanagements. Gemäß UN-Charta entscheidet er, ob in einem Konfliktfall ein Friedensbruch, eine Angriffshandlung oder eine Bedrohung der internationalen Sicherheit vorliegt und beschließt entsprechende Maßnahmen. Der Sicherheitsrat ist das einzige UN-Organ, das für die Mitgliedstaaten bindende Entscheidungen treffen kann.

Kompetenzen des Sicherheitsrates zur Friedenssicherung

Das Instrumentarium des Sicherheitsrates zur Konfliktbearbeitung ist stufenweise angelegt. Droht die Eskalation eines Konflikts, kann der Sicherheitsrat Empfehlungen für eine friedliche Streitbeilegung (z.B. Vermittlungen) nach Kap. VI der Charta abgeben. In einem nächsten Schritt kann er verbindliche Zwangsmaßnahmen nach Kap. VII beschließen. Dazu zählen nicht-militärische (z.B. Wirtschaftssanktionen, Abbruch diplomatischer Beziehungen) sowie militärische Zwangsmaßnahmen (z.B. Luftschläge oder Seeblockaden). Für die Umsetzung bewaffneter Einsätze beauftragt er in der Regel Staatengruppen oder regionale Organisationen.

UN-Friedensmissionen sind ein zentrales Instrument der Konfliktbearbeitung durch den Sicherheitsrat, obwohl sie nicht explizit in der Charta erwähnt sind. Für das Entsenden klassischer Blauhelmeinsätze berief sich der Sicherheitsrat auf Kap. VI. Heutige "robuste" Friedensmissionen werden nach Kap. VII eingesetzt. Durch eine Resolution beschließt der Sicherheitsrat Mandat und Größe einer Friedensmission und entscheidet auf Grundlage regelmäßiger Berichte des Generalsekretärs über deren Verlängerung, Änderung oder Beendigung.

Während früher die Aggression eines Staates gegen einen anderen als größte Bedrohung des Weltfriedens galt, sind es heute vor allem innerstaatliche Konflikte. Um darauf reagieren zu können, änderte der Sicherheitsrat die Auslegungspraxis von Art. 39 (Feststellung eines Friedensbruchs). Heute sind z.B. gravierende Menschenrechtsverletzungen eine Friedensbedrohung und nicht mehr eine rein innerstaatliche Angelegenheit. In diesem Kontext spielt die "Responsibility to Protect" eine Rolle, nach der die internationale Gemeinschaft dort eingreifen muss, wo ein Staat seine Schutzverantwortung gegenüber der Zivilbevölkerung nicht wahrnehmen kann oder will. Über dieses erweiterte Verständnis von Friedensbedrohungen hinaus bezieht der Sicherheitsrat nicht-staatliche Akteure in seine Anordnungen ein und weitet seine Kompetenzen damit zusätzlich aus. Mit der Anordnung genereller statt wie bisher situationsspezifischer Verpflichtungen – beispielsweise durch Resolution 1373 (2001) in der Terrorismusbekämpfung – entwickelte sich der Sicherheitsrat quasi zu einem "Weltgesetzgeber".

Weitere UN-Organe der Friedenssicherung

Mit der Planung und Durchführung von Friedensmissionen ist die Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze (Department of Peacekeeping Operations, DPKO) im UN-Sekretariat betraut. Die Hauptabteilung Politische Angelegenheiten (Department of Political Affairs, DPA) ist für die Umsetzung Politischer Missionen zuständig und leistet einen wichtigen Beitrag bei diplomatischen Bemühungen. Die ausführende Leitung der UN-Friedensmissionen liegt beim UN-Generalsekretär. Dazu ernennt er Sonderbeauftragte, welche die Einsatzleitung vor Ort übernehmen. Eine zentrale Rolle kommt dem UN-Generalsekretär und den Sonderbeauftragten bei der Vermittlung in Konflikten zu.

Der UN-Generalsekretär und seine Sonderbeauftragten

Seit Januar 2019 ist der Norweger Geir Pedersen UN-Sondergesandter in Syrien.
Seit 2019 ist der Norweger Geir Pedersen UN-Son­der­gesandter in Syrien. (UN Photo/Violaine Martin)

Als Repräsentant der Vereinten Nationen und moralische Autorität der Staatengemeinschaft  übernimmt der Generalsekretär eine wichtige Rolle in der UN-Friedenssicherung. Er leitet das UN-Sekretariat, nimmt an den Sitzungen der UN-Hauptorgane teil, fertigt Studien und Berichte an und führt Konsultationen mit Regierungsvertretern weltweit. In der Praxis haben sich eine Reihe politischer Kompetenzen des Generalsekretärs für die UN-Friedenssicherung herausgebildet:

Mit Missionen zur Tatsachenermittlung (fact-finding-missions) kann er Situationen untersuchen, in denen ein Konflikt droht. Durch seine "Guten Dienste" versucht er, Dialog zwischen Konfliktparteien zu erleichtern, indem er beispielsweise Konferenzen organisiert. Häufig ernennt der Generalsekretär für die Ausführung seiner Aufgaben Sonderbeauftragte (Special Representatives of the Secretary-General, SRSG), Persönliche Beauftragte (Personal Representatives) oder Gesandte (Envoys), die in seinem Auftrag handeln.

Sonderbeauftragte sind zu einem wichtigen Instrument der friedlichen Streitbeilegung geworden. Als Leiter von Friedensmissionen sind die höchsten UN-Repräsentanten vor Ort und koordinieren alle Komponenten einer Mission. Sie halten Kontakt mit DPKO und DPA in New York und verfassen die Berichte des Generalsekretärs, auf deren Grundlage der Sicherheitsrat über die Verlängerung eines Mandats entscheidet.

Internationale Strafgerichte

Als Teil der Versöhnungsarbeit nach Konflikten wurden bislang zwei Sondertribunale eingesetzt, der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien sowie der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda. Mit der Einrichtung dieser Internationalen Strafgerichte erweiterte der UN-Sicherheitsrat in den 1990er Jahren sein Instrumentarium zur Konfliktbewältigung. Unter Rückgriff auf Kap. VII der Charta wurden die Tribunale als nicht-militärische Zwangsmaßnahme zur Wiederherstellung von Frieden eingesetzt. Sie sollten Kriegsverbrechen aufklären, die Hauptverantwortlichen zur Rechenschaft ziehen und Gerechtigkeit für die Opfer schaffen. Durch Wahrheitsfindung und Aufarbeitung der Vergangenheit sollten sie die Versöhnung ehemals verfeindeter ethnischer Gruppen fördern und so zur Friedenskonsolidierung beitragen. Die Zuständigkeit beider Ad-hoc-Tribunale ist zeitlich und räumlich begrenzt und sie können nur Einzelpersonen wegen schwerwiegender Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht belangen. Unter ihre Rechtsprechung fallen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord, Verletzung der Genfer Konventionen von 1949 (u.a. Folter, Tötung, Verschleppung) sowie Verstoß gegen Gesetze und Gebräuche des Krieges (u.a. Plünderung, Einsatz von Giftwaffen). Die Tribunale erfuhren große öffentliche Aufmerksamkeit und beeinflussten auch die Rechtsprechung nationaler Gerichte und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Erfolge der Sondertribunale verliehen zudem der Gründung des ständigen Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) Auftrieb, der ein Jahr nach dem Inkrafttreten des "Römischen Statuts" seine Arbeit 2003 in Den Haag aufnehmen konnte. Die Sondertribunale erfuhren aber auch Kritik: Ihre Akzeptanz und Wahrnehmung in den betroffenen Bevölkerungen blieb gering. Die hohen Kosten der Gerichte, die aus dem UN-Haushalt finanziert werden, verhinderten außerdem die Einsetzung weiterer Strafgerichte. So wurden ab dem Jahr 2000 "Hybridgerichte" gebildet, die meist auf Vereinbarungen zwischen den UN und betroffenen Staaten beruhen.


Publikationen