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UN-Sicherheitsrat

Der Sicherheitsrat trägt gemäß UN-Charta  die "Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit" (Art. 24) und steht daher im Zentrum des UN-Konfliktmanagements. Als eines der sechs Hauptorgane der Vereinten Nationen stellt er fest, ob ein Friedensbruch, eine Angriffshandlung oder eine Bedrohung der internationalen Sicherheit vorliegt (Art. 39) und leitet entsprechend Gegenmaßnahmen ein. Der Sicherheitsrat ist das einzige UN-Organ, das für die Mitgliedstaaten bindende Entscheidungen treffen kann.
Sein Instrumentarium zur Konfliktbearbeitung ist stufenweise angelegt. Droht die Eskalation eines Konflikts, kann der Sicherheitsrat Empfehlungen für eine friedliche Streitbeilegung (z.B. Vermittlungen) nach Kap. VI der Charta abgeben. In einem nächsten Schritt kann er verbindliche Zwangsmaßnahmen nach Kap. VII beschließen. Dazu zählen nicht-militärische (z.B. Wirtschaftssanktionen, Abbruch diplomatischer Beziehungen) sowie militärische Zwangsmaßnahmen (z.B. Luftschläge oder Seeblockaden). Für die Umsetzung bewaffneter Einsätze beauftragt er in der Regel Staatengruppen oder regionale Organisationen.

Friedensmissionen

UN-Friedensmissionen sind ein zentrales Instrument der Konfliktbearbeitung durch den Sicherheitsrat, obwohl sie nicht explizit in der Charta erwähnt sind. Für das Entsenden klassischer Blauhelmeinsätze berief sich der Sicherheitsrat auf Kap. VI. Heutige "robuste" Friedensmissionen werden nach Kap. VII eingesetzt. Durch eine Resolution beschließt der Sicherheitsrat Mandat und Größe einer Friedensmission und entscheidet auf Grundlage regelmäßiger Berichte des Generalsekretärs über deren Verlängerung, Änderung oder Beendigung. Die Charta sieht die Bereitstellung von Streitkräften durch Sonderabkommen der UN-Mitgliedstaaten mit dem Sicherheitsrat vor (Art. 43). In der Praxis hat sich dies aber nicht bewährt, so dass er die Mitgliedstaaten in jedem Einzelfall um Bereitstellung von Truppen bitten muss. Auch der Vorstoß des ehemaligen Generalsekretärs Boutros Ghali zur Errichtung eines Systems von Verfügungsbereitschaftsabkommen 1992 konnte das Ziel eigener UN-Truppen bisher nicht verwirklichen.

Zusammensetzung und Arbeitsweise

Der Sicherheitsrat besteht aus 15 UN-Mitgliedstaaten. Beschlüsse zu "substantiellen" Fragen werden mit einer Mehrheit von 9 Stimmen verabschiedet, einschließlich der Stimmen der 5 ständigen Mitglieder China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA. Die 10 nichtständigen Mitglieder werden auf Basis eines geografischen Schlüssels für zwei Jahre von der UN-Generalversammlung gewählt. Deutschland hatte zuletzt 2011/2012 einen nichtständigen Sitz inne. Die Arbeit des Sicherheitsrats wird durch Arbeitsgruppen und Ausschüsse (z.B. Sanktionskomitees) zu verschiedenen Themen und Tätigkeitsbereichen unterstützt.

Aufgrund ihres Vetorechts haben die 5 ständigen Mitglieder weitgehenden Einfluss auf die Praxis der UN-Friedenssicherung. So war der Sicherheitsrat während der Ost-West-Konfrontation häufig blockiert, da das Vetorecht die Durchsetzung von Resolutionen verhinderte. Seit Beginn der 1990er Jahre wurde der Sicherheitsrat handlungs- und entscheidungsfähiger. Zugleich wurden Rufe nach seiner Reform lauter und intensive Diskussionen über eine neue Zusammensetzung und Erweiterung begannen. In seiner jetzigen Konstellation sei der Sicherheitsrat nicht mehr repräsentativ, da er die weltpolitischen Machtverhältnisse des Jahres 1945 widerspiegelt. Die Umsetzung einer Reform  gestaltet sich in der Praxis aber u.a. aufgrund der unterschiedlichen Positionen als schwierig.

Kompetenzerweiterung

Galt früher die Aggression eines Staates gegen einen anderen als größte Bedrohung des Weltfriedens, sind es heute innerstaatliche Konflikte. Um darauf reagieren zu können, änderte der Sicherheitsrat dieAuslegungspraxis von Art. 39 (Feststellung eines Friedensbruchs). Heute sind z.B. gravierende Menschenrechtsverletzungen eine Friedensbedrohung und nicht mehr eine rein innerstaatliche Angelegenheit. In diesem Kontext spielt die "Responsibility to Protect" eine Rolle, nach der die internationale Gemeinschaft dort eingreifen muss, wo ein Staat seine Schutzverantwortung gegenüber der Zivilbevölkerung nicht wahrnehmen kann oder will. Über dieses erweiterte Verständnis von Friedensbedrohungen hinaus bezieht der Sicherheitsrat nicht-staatliche Akteure in seine Anordnungen ein und weitet damit zusätzlich seine Kompetenzen aus. Mit der Anordnung genereller statt wie bisher situationsspezifischer Verpflichtungen – beispielsweise durch Resolution 1373 (2001) in der Terrorismusbekämpfung – entwickelte sich der Sicherheitsrat quasi zu einem "Weltgesetzgeber".

Weitere Instrumente der Friedenssicherung schaffte er mit den Kriegsverbrechertribunalen für das ehemalige Jugoslawien (1993) und Ruanda (1994). Auch beim Kampf gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, bei der Erarbeitung von Plänen zur Rüstungsregelung sowie bei der Wahl der Richter des Internationalen Gerichtshofs verfügt der Sicherheitsrat über Kompetenzen in der UN-Friedenssicherung.