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UN-Friedensmissionen

Das Entsenden von Friedensmissionen in Konfliktgebiete ist ein zentrales Instrument der UN-Friedenssicherung. Friedenssoldatinnen und -soldaten, Polizei- und Zivilkräfte aus unterschiedlichsten Ländern verfolgen darin das Ziel, Gewalt einzudämmen, die Eskalation von Konflikten zu verhindern und die grundlegende Sicherheit von Menschen und Institutionen in Krisenregionen zu gewähren. 

Blauhelmsoldatinnen aus Malaysia stehen hintereinander
Blauhelmsoldatinnen aus Malaysia (UN Photo/Pascal Gorritz)

Aktuelle Friedensmissionen

Waren Peacekeeping-Einsätze während des Kalten Kriegs aufgrund der Blockade im Sicherheitsrat noch eine Randerscheinung, so haben sie sich in den vergangenen 25 Jahren zu einem wichtigen Mittel der internationalen Friedenssicherung entwickelt. Die Einsätze sind heute mehrdimensional und vielschichtig, sie kombinieren "klassische" Friedenssicherung mit Friedenskonsolidierung und umfassen neben einer militärischen Komponente zivile Funktionen, wobei das Aufgabenspektrum von der Sicherheitswahrung bis hin zur Übernahme von Regierungsaufgaben reicht. Zunehmend kooperieren die UN mit regionalen Organisationen und übertragen die Umsetzung der Friedenseinsätze unter anderem an die NATO, die Europäische Union oder die Afrikanische Union.

Friedensmissionen im System der Vereinten Nationen

Friedenseinsätze werden vom UN-Sicherheitsrat beschlossen. Die ausführende Leitung liegt beim UN-Generalsekretär. Dieser ernennt Sonderbeauftragte für die Leitung der Friedensmissionen vor Ort. UN-Länderteams bestehen aus Vertretern der UN-Organisationen und UN-Programmen aus den Bereichen Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe. Im UN-Sekretariat liegt die Planung und Verwaltung von Friedensmissionen bei der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze (DPO). Als beratendes Nebenorgan des Sicherheitsrats und der Generalversammlung fungiert die 2006 eingerichtete Kommission für Friedenskonsolidierung, die den Wiederaufbau nach Konflikten koordiniert. Die Finanzierung der Friedenseinsätze erfolgt durch alle UN-Mitgliedstaaten, wobei die Festlegung des Budgets dem Haushaltsausschuss der UN-Generalversammlung obliegt, der die Wirtschaftskraft der Länder zur Grundlage nimmt.

 

UN-Friedensmissionen im Wandel 

Als "klassisches" Peacekeeping gilt das Entsenden leicht bewaffneter Streitkräfte oder unbewaffneter Militärbeobachterinnen und -beobachter durch den UN-Sicherheitsrat, um Waffenstillstandsabkommen zu überwachen und Pufferzonen zwischen Konfliktparteien zu schaffen. Durch die Präsenz unparteiischer Friedenstruppen ("Blauhelme"), so der Gedanke, sollen Spannungen in einem Konflikt abgebaut und einer Verhandlungslösung der Weg geebnet werden. Peacekeeping kann den Mitteln der friedlichen Streitbeilegung nach Kap. VI der UN-Charta zugeordnet werden, obgleich es nicht in der Charta festgeschrieben ist. Da es sich zugleich um eine militärische Maßnahme handelt, wurde Peacekeeping auch Kapitel VI 1/2-Maßnahme genannt. Wichtige Voraussetzung für die Entsendung von Blauhelmen ist die Zustimmung der Konfliktparteien. Daneben gilt das Prinzip, Waffengewalt lediglich zur Selbstverteidigung anzuwenden.

Mit der Zunahme innerstaatlicher Konflikte seit Beginn der 1990er Jahre wurde deutlich, dass die Anwesenheit unparteiischer Friedenssoldaten oft nicht genügte. Zivile Maßnahmen der Konfliktprävention und der Friedenskonsolidierung erlangten deshalb zunehmende Bedeutung. So entwickelte sich das multidimensionale Peacekeeping, das die Stabilisierung von Friedensvereinbarungen in der Übergangsphase nach Konflikten, die Unterstützung beim Aufbau demokratischer Institutionen, die Überwachung von Wahlen, die Rückführung von Flüchtlingen und die Entwaffnung der Konfliktparteien umfasst. Militärisches Personal wird dabei um Polizisten und zivile Mitarbeiter wie Verwaltungspersonal ergänzt. Zum Teil haben UN-Friedensmissionen aber auch keinen rein militärischen Auftrag und erfüllen etwa Beobachtermissionen zur Überwachung von Wahlen, zur Durchführung von Referenden oder zur Einhaltung der Menschenrechte. Auch Politische Missionen sind in der Regel zivile Einsätze.

Internationaler Tag der UN-Peacekeeper

Polizistin der Friedesmission MINUSMA in Mali © UN Photo / Marco Dormino
UN Photo/Marc Dormino

Mit dem Internationalen Tag der UN-Peacekeeper würdigen die Vereinten Nationen am 29. Mai den Einsatz der über 120.000 internationalen Soldaten, Polizisten und zivilen Mitarbeiter, die in UN-Missionen einen Beitrag für Frieden leisten. Der Tag gilt zudem dem Gedenken an diejenigen, die ihr Leben in einem UN-Einsatz verloren haben. Im Jahr 2003 wurde er zum ersten Mal begangen. Die UN-Generalversammlung wählte für den Internationalen Tag des Peacekeepers den 29. Mai, da an diesem Datum im Jahr 1948 die erste Peacekeeping-Mission der Vereinten Nationen, die Beobachtermission UNTSO (United Nations Truce Supervision Organization) in Palästina, beschlossen worden war.

Das Scheitern der UN-Friedensmissionen in Somalia, dem ehemaligen Jugoslawien und Ruanda stürzte die UN-Friedenssicherung in den 1990er Jahren in eine schwere Krise und zeigte, dass die Mandate der klassischen Friedenseinsätze nicht mit der Realität gewaltsamer innerstaatlicher Konflikte vereinbar waren: Den Friedenssoldaten fehlten die notwendigen Kompetenzen für eine Friedenserzwingung. Der Sicherheitsrat reagierte darauf, indem er die Anwendung militärischer Gewalt nun auch zur Verteidigung des Mandats (z.B. zum Schutz der Zivilbevölkerung) erlaubte. Die meisten Missionen sind heute mit solch einem robusten Mandat ausgestattet.

Eine zusätzliche Kompetenzerweiterung erhielten UN-Friedensmissionen durch die Übernahme exekutiver Aufgaben (exekutives Mandat). Damit ist die zeitweise Übernahme von Regierungsaufgaben und die Errichtung einer Übergangsverwaltung gemeint, mit dem Ziel, schrittweise die Abgabe der Regierungsfunktionen an demokratisch legitimierte Vertreter der Bevölkerung vorzubereiten.

Probleme und Reformansätze

Seit der Krise der UN-Friedenssicherung der 1990er Jahre gab und gibt es Reformbemühungen, die auf die Beseitigung der Defizite von Friedensmissionen zielen. Grundsätzlich besteht das Problem, dass die Anforderungen an Friedensmissionen mittlerweile sehr hoch, die von den UN-Mitgliedstaaten bereitgestellten Ressourcen aber zu gering sind. Die Mobilisierung finanzieller Beiträge und die Bereitstellung internationaler Truppen sind oftmals zeitintensiv und mühsam. Gleichzeitig sind Friedensmissionen besonders in den letzten 15 Jahren aufgrund ihres breiten Aufgabenspektrums personal- und ressourcenintensiver.

Zu den frühen Reformvorschlägen zählen die Maßnahmenkataloge, die der damalige UN-Generalsekretär Boutros Ghali 1992 in seiner Agenda für den Frieden für alle Formen der Friedenssicherung formulierte. Er schlug u.a. die Bildung eines Systems von Verfügungsbereitschaftsabkommen (UN Stand-by Arrangements-System, UNSAS) vor. Ziel ist eine internationale Freiwilligenarmee, die kurzfristig einsetzbar ist, um eine Konflikteskalation zu vermeiden. Damit soll eine schnelle Reaktion ermöglicht und der Prozess der Truppenaufstellung verkürzt werden. Durch den Abschluss bilateraler Abkommen mit den UN sollen sich UN-Mitgliedstaaten bereit erklären, Unterstützungsleistungen (u.a. Soldaten, Experten, Material) bereitzustellen. Diese Bereitschaft blieb allerdings bis heute gering.
Acht Jahre später thematisierte der Brahimi-Bericht – benannt nach dem Leiter der von UN-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzten Sachverständigenkommission Lakhdar Brahimi – Probleme der UN-Friedenssicherung, erarbeitete umfassende Lösungsvorschläge und löste eine umfassende Reformdebatte aus. 

In jüngster Vergangenheit standen zudem Fälle sexueller Gewalt durch UN-Peacekeeper im Fokus. Seit 2006 werden alle Anschuldigungen über Fehlverhalten von Peacekeepern zentral gesammelt


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