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Abrüstung in Deutschland

Die Bundesrepublik ist Vertragspartei einer Vielzahl multilateraler Verträge zur Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung. Gleichzeitig gehört Deutschland weltweit zu den größten Waffen- und Rüstungsexporteuren. Die hierzulande produzierten Waffen werden oft auch in Kriegs- und Konfliktregionen eingesetzt.

Aktivisten und Aktivistinnen demonstrieren 2017 gegen deutsche Rüstungslieferungen in die Türkei (Campact/Jakob Huber, CC BY-NC 2.0)

Die Bundesregierung äußert in den vergangenen Jahren Bemühungen um Fortschritte in den Bereichen Abrüstung, Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie Exportkontroll- und Rüstungskontrollabkommen. Seit 1965 ernennt sie einen „Beauftragten der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle“. Der Beauftragte leitet die Abteilung für Rüstungsfragen und Rüstungskontrolle im Auswärtigen Amt. 

Die Bemühungen der Bundesregierung im Bereich der Abrüstung stützen sich im Wesentlichen auf:

  • eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (GASP);
  • intensiven Kontakt zu den Vereinten Nationen;
  • Koordinierung der Umsetzung internationaler Verträge;
  • Einsatz bei Verstößen gegen internationale Verträge;
  • Unterstützung für regionale Organisationen;
  • einzelne Abrüstungs- und Nichtverbreitungsprojekte.

Die Bundesregierung sieht Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen als essenziell für wechselseitiges Vertrauen und ein friedliches Miteinander in der Welt an und daher als einen unverzichtbaren Bestandteil deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Deutschland bekräftigt das Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt und setzt sich auf bi- und multilateraler Ebene für dessen Verwirklichung ein. Die Bundesregierung arbeitet auf die Ratifizierung des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen hin und unterstützt die Umsetzung des Aktionsplans, der 2010 auf der Überprüfungskonferenz des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrags getroffen wurde. Doch zugleich bleibt die Bundesrepublik entscheidenden Verhandlungen, wie denen über den Atomwaffenverbotsvertrag, fern. Hintergrund des Fernbleibens dürfte „die Haltung der Bundesregierung sein, nach welcher das gegenwärtige sicherheitspolitische Umfeld kein Vertrauen in den Erfolg möglicher Abrüstungen rechtfertige“. Zudem beherbergt Deutschland im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ der NATO US-Atombomben am Fliegerhorst Büchel, die derzeit modernisiert werden. Die Bundesregierung hält an der nuklearen Teilhabe „als wichtigem Bestandteil einer glaubhaften präventiven Abschreckung des Bündnisses“ fest.

Neben der nuklearen Abrüstung bemüht sich die Bundesregierung laut eigenen Aussagen um eine Stärkung und Modernisierung der konventionellen Rüstungskontrolle. Im internationalen Rahmen setzt sich Deutschland unter anderem in den Bereichen der Kleinwaffenkontrolle und des universellen Verbots von Streumunition für multilaterale Bemühungen ein. Den Sitz als nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat, den Deutschland seit Anfang 2019 innehat, möchte die Bundesregierung ebenfalls nutzen, um Abrüstung ganz oben auf der Agenda zu positionieren.

Deutschland ist Vertragspartei einer Vielzahl multilateraler Verträge zur Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung, unter anderem des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrags, der Ottawa-Konvention, des Übereinkommens über das Verbot biologischer Waffen (BWÜ), des Übereinkommens über das Verbot chemischer Waffen (CWÜ), des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) sowie des Übereinkommens zum Verbot von Streumunition.

2018 waren Abrüstung und Rüstungskontrolle auch in Deutschland erneut schwerwiegenden Belastungen und auch Rückschlägen ausgesetzt. Das absehbare Ende des INF-Vertrags steht hierfür exemplarisch. Die Bundesregierung hatte ein großes Interesse am Erhalt des Vertrags. Große Herausforderungen stellen derzeit auch die Verlängerung des New START-Vertrag, die Entwicklung des nordkoreanischen Atomprogramms und der Einsatz von Chemiewaffen in Syrien dar.

Deutsche Rüstungsexporte

Deutschland zählt zu den größten Waffenexporteuren weltweit. Nach einem Rekordhoch im Jahr 2019 nahm das Volumen der genehmigten Rüstungsexporte im vergangenen Jahr wieder ab. Die Bundesregierung veröffentlicht in Rüstungsexportberichten halbjährlich die erteilten Genehmigungen zur Ausfuhr von Rüstungsgütern und die tatsächlichen Ausfuhren von Kriegswaffen und Rüstungsgütern im zurückliegenden Zeitraum. Laut dem aktuellen Bericht für das erste Halbjahr 2020 hat die Bundesregierung im Berichtszeitraum von Januar bis Juni weit weniger Rüstungsexporte genehmigt als im Vergleichszeitraum für das Jahr 2019. Die erteilten Einzelgenehmigungen für Rüstungsexporte beliefen sich im ersten Halbjahr 2020 auf insgesamt rund 2,78 Milliarden Euro. Im Vergleichszeitraum 2019 waren es rund 5,33 Milliarden Euro. Dabei entfiel ein Anteil von 37,3 Prozent auf Genehmigungen für Lieferungen in EU-/NATO und NATO-gleichgestellte Länder, in die – nach den politischen Grundsätzen der Bundesregierung – der Export von Rüstungsgütern grundsätzlich nicht zu beschränken ist. Die meisten deutschen Exporte im 1. Halbjahr 2020 entfielen dabei auf Israel gefolgt von Ägypten und den USA. Im gleichen Zeitraum 2019 waren die größten Abnehmer Ungarn, Ägypten und Südkorea. Für sogenannte Drittländer wurden im Berichtszeitraum Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von rund 1,74 Milliarden Euro (1. Halbjahr 2019: 2,12 Mrd. Euro) erteilt. Diese Ausfuhrgenehmigungen in Drittländer sind besonders umstritten, da die Empfänger nicht selten an Kriegen beteiligt sind.

Nach wie vor wichtige Abnehmer deutscher Rüstungsgüter sind etwa Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien. Saudi-Arabien führt derzeit mit Unterstützung der beiden anderen genannten Länder im Jemen eine militärische Allianz gegen die Huthi-Rebellen. Dieser Krieg im Jemen, bei dem deutsche Waffen zum Einsatz kommen, ist gezeichnet von gravierenden Verletzungen des humanitären Völkerrechts. 2019 betonten die UN, dass es sich bei dem Krieg um die zu dieser Zeit größte humanitäre Katastrophe der Welt handelte.

Die tatsächlich aus Deutschland ausgeführten Kriegswaffen im Jahr 2021 hatten laut Statistischem Bundesamt einen Gesamtwert von insgesamt 1,515 Mrd. Euro. Oppositionsparteien wie Grüne und Linkspartei, die Kirchen, sowie Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft kritisieren die hohen Rüstungsexporte Deutschlands. Sie fordern eine Abkehr von den immer höher ansteigenden Exporten von Rüstungsgütern in Kriegs- und Krisengebiete und eine stärkere Kontrolle der Exporte sowie mehr Transparenz. Den aktuellen Rüstungsexportbericht des Jahres 2021 der Bundesregierung gibt es hier


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