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Debatte: Ministerialkonferenz zur UN-Friedenssicherung in Berlin: Ein Zeichen der Hoffnung in Krisenzeiten?

Auf der Ministerialkonferenz zur UN-Friedenssicherung bekräftigten Staaten ihre Unterstützung für Friedenseinsätze und kündigten zahlreiche Beiträge an. Trotz weltweiter Sparmaßnahmen muss dieses Momentum aufrechterhalten werden und rhetorische Zusagen auch vor Ort zu spürbaren Auswirkungen führen.

Drei Männer stehen an drei Redepulten vor einem Banner
Pressekonferenz mit UN-Generalsekretär António Guterres, Bundesaußenminister Johann Wadephul und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (UN Photo/Arne Molfenter)

Die Ministerialkonferenz zur UN-Friedenssicherung (UN Peacekeeping Ministerial – PKM), die im Mai abgehalten wurde, fand inmitten einer tiefen Krise der UN-Friedenssicherung statt. Friedensmissionen sehen sich mit zunehmenden Herausforderungen bei der Entsendung, Durchführung und ihrem Abzug konfrontiert. Ein gelähmter UN-Sicherheitsrat, sich verändernde und verschärfende Konfliktdynamiken sowie Spannungen mit den Regierungen der Gastländer und der lokalen Bevölkerung sind nur einige der Hindernisse.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Trump-Regierung in ihrem Haushaltsvorschlag an den US-Kongress ihre Absicht signalisierte, die Finanzierung der UN-Friedenssicherung einstellen zu wollen – obwohl die USA rechtlich zur Zahlung verpflichtet sind, Beiträge zu leisten, und historisch gesehen den größten Anteil von etwa 27 Prozent des Budgets für Friedenssicherung ausmachen. 

Gleichzeitig wird von den Missionen erwartet, mit weniger Ressourcen mehr zu erreichen. Zusätzlich dazu ist das Budget für die UN-Friedenssicherung mit unbezahlten Rückständen in Höhe von insgesamt 2,7 Milliarden Dollar belastet. Das Ergebnis ist ein beunruhigendes Paradoxon: Dem schwindenden internationalen Engagement steht ein wachsender Bedarf an Friedenssicherung, politischer Konfliktlösung und wirksamer Friedenskonsolidierung gegenüber. 

Das PKM bot dabei einen seltenen Hoffnungsschimmer. Delegationen aus 134 Ländern, davon 51 auf Ministerialebene, trafen sich zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern des UN-Sekretariats und 10 regionalen Organisationen, was das Ministerial zum bisher größten dieser Art machte. 74 Länder gaben unterschiedliche Beiträge (sogenannte Pledges), wobei die USA – immer noch Teil der Ko-Vorsitzenden der Konferenz – nicht unter ihnen waren. Zum ersten Mal nahm der UN-Generalsekretär an einem PKM außerhalb von New York City teil.

Trotz all dieser Erfolge ist Erwartungs­management der Schlüssel. Das Kernmandat des Ministerialformats konzentriert sich darauf, politische Unterstützung für die Friedenssicherung aufrechtzuerhalten, wenn nicht sogar aufzubauen und militärische Fähigkeitslücken durch nationale Beiträge zu schließen. Die Verantwortung für die Initiierung von Reformen der UN-Friedensmissionen liegt hingegen beim Sonderausschuss für Friedens­sicherungseinsätze (C34).

Deutschland hat mit der erstmaligen Ausrichtung der Konferenz wichtige Maßstäbe gesetzt. Über das traditionelle Ziel, Pledges zu generieren, hinausgehend, konzentrierte man sich in Berlin auf hochrangige politische Diskussionen über die Zukunft der Friedenssicherung – ein Präzedenzfall, auf dem aufgebaut werden sollte. Dies ermöglichte auch wichtige Debatten darüber, wie Friedens­sicherungseinsätze besser in ganzheitliche Friedens­konsolidierungs­prozesse integriert werden können. Allzu oft – so auch beim PKM – dreht sich das Gespräch um die Verbesserung von Friedenseinsätzen „als Selbstzweck“ und nicht um die Frage, wie sie politische Prozesse und Präventions­bemühungen wirksamer unterstützen können. Dennoch warnen Fachleute davor, die Rolle der Friedenssicherung bei der Förderung der Friedenskonsolidierung mit Stabilisierungsbemühungen zu verwechseln.

Friedenskonsolidierung im Rahmen von Friedensmissionen zu diskutieren, ist nicht nur während PKMs und der derzeit laufenden Überprüfung aller Formen von UN-Friedenseinsätzen durch den Generalsekretär, die von den Mitgliedstaaten letztes Jahr im Zukunftspakt gefordert wurde, von entscheidender Bedeutung, sondern auch im Zusammenhang mit der aktuellen Überprüfung der Architektur der Friedens­konsolidierung der Vereinten Nationen. Als derzeitiger Vorsitz der Kommission für Friedenskonsolidierung (Peacebuilding Commission – PBC) sollte Deutschland diese wichtige Agenda mitgestalten. Darüber hinaus müssen Silos zwischen den verschiedenen Formaten von Friedenseinsätzen aufgebrochen werden. Künftige PKMs sollten auch Diskussionen über Besondere Politische Missionen beinhalten.

Das PKM hat neben dem Austausch zwischen Regierungen Raum für Dialog mit der Zivilgesellschaft geschaffen. In Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium haben das Zentrum für Internationale Friedens­einsätze (ZIF), das Global Governance Institute und Amani Africa im Vorfeld des PKMs die Global Alliance for Peace Operations (GAPO) ins Leben gerufen. Über 50 Think Tanks, Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Fachleute formulierten und diskutierten Politikempfehlungen zur Zukunft von Friedensmissionen. Dieses Modell des strukturierten zivilgesellschaftlichen Engagements ist ein vielversprechender Schritt hin zu einem inklusiveren Dialog der Vereinten Nationen und sollte bei künftigen Ministerials weiterentwickelt werden.

Auch hinsichtlich der Jugendbeteiligung wurde mit der Berliner Konferenz Neuland betreten. Zum ersten Mal nahmen zwei deutsche Jugendbeobachter beim PKM teil, einem Programm der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, das vom Auswärtigen Amt und vom Verteidigungsministerium unterstützt wird. Sie unterstrichen, wie wichtig es ist, in allen Phasen der UN-Friedenssicherung ein sinnvolles Engagement junger Menschen zu gewährleisten. Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Agenda für Jugend, Frieden und Sicherheit in diesem Jahr sendet dieses Engagement eine zeitgemäße Botschaft. Deutschland und andere Länder sollten junge Menschen auch bei zukünftigen PKMs wirkungsvoll einbeziehen.

Der wahre Maßstab für den Erfolg der Konferenz liegt darin, wie sich die Verpflichtungen auf die Missionen vor Ort auswirken werden. Mitgliedstaaten müssen die UN-Friedenseinsätze weiterhin politisch, finanziell und personell unterstützen – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Vereinten Nationen. Dazu gehört, dass sie ihren finanziellen Verpflichtungen vollständig und pünktlich nachkommen und die Friedensprozesse in den Gastländern konsequent politisch unterstützen.

Die bedeutenden Reformen, die die Mitgliedstaaten bei den Friedensmissionen fordern, werden von weniger Personal im UN-Sekretariat bewältigt werden müssen: Einen Tag vor dem PKM forderte der Generalsekretär eine 20-prozentige Reduzierung des Personals in den Hauptabteilungen für Friedensmissionen (Department for Peace Operations – DPO) und für Politische Angelegenheiten und Friedenskonsolidierung (Department of Political and Peacebuilding Affairs – DPPA) als Antwort auf die Liquiditätskrise. Während hochkarätige Veranstaltungen wie das Ministerial oder der Zukunftsgipfel im letzten Jahr wichtige Signale aussenden – wie die Bekräftigung einer breiten politischen Unterstützung für Friedenseinsätze –, liegt ihr wahrer Wert in ihren Ergebnissen. Deutschland ist gut aufgestellt, und geradezu verpflichtet, dieses Momentum aufrechtzuerhalten.

Kirsten Hartmann, Patrick Rosenow

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