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Wie neue Technologien die UN-Friedensmissionen verändern

Technologische Entwicklungen, insbesondere Künstliche Intelligenz, verändern die UN-Friedensmissionen grundlegend. Sie bieten vielversprechende Chancen für mehr Effizienz, jedoch auch Risiken, die eine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität und den Erfolg der UN-Friedensmissionen darstellen.

Eine Hand hält einen Kontroller in der Hand, auf dem ein Bildschirm mit einer Luftaufnahme zu sehen ist.
Verwendung von Aufklärungstechnik im Rahmen von MINUSMA in Mali. (UN Photo/Harandane Dicko)

In den vergangenen Jahren hat sich Desinformation zu einer ernsthaften Gefahr entwickelt. Desinformation bezeichnet das absichtliche Verbreiten falscher Informationen, um einer Person oder Organisation zu schaden, was sie klar von Fehl- und Malinformation unterscheidet. Auch Fehlinformationen (unabsichtlich falsche Informationen) und Malinformationen (Informationen, die auf der Realität basieren, aber zur Schädigung genutzt werden), können das Vertrauen in Friedensmissionen untergraben und Konflikte verschärfen. Doch insbesondere Desinformationen können Gewalt gegen UN-Personal begünstigen.

UN-Bedienstete sind bereits mehrfach Opfer von Desinformation geworden. Neben den Mehrdimensionalen integrierten Stabilisierungsmissionen der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA), in der Zentralafrikanischen Republik (MINUSCA) und in der Demokratischen Republik Kongo (MONUSCO) sind auch die Interimstruppe der Vereinten Nationen in Libanon (UNIFIL) und die Interims-Sicherheitstruppe der Vereinten Nationen für Abyei (UNISFA) ins Fadenkreuz geraten. Darüber hinaus geht aus einem politischen Strategiepapier von UN-Generalsekretär António Guterres vom Juni 2023 eine erschreckende Zahl hervor. Rund 70 Prozent des UN-Personals gab an, dass Mal- und Desinformation schweren, mittelschweren oder kritischen Einfluss auf die alltägliche Arbeit hätten. Zudem berichteten 75 Prozent, dass sie durch die falschen Inhalte auch die eigene Sicherheit als gefährdet erachten. Desinformation kann die Gewalt gegen UN-Personal steigern und die Mobilität und Reichweite von Friedensmissionen einschränken, wodurch der Schutz der Zivilbevölkerung leidet.

Nicht nur Desinformation stellt eine Gefahr dar

Allerdings erweist sich nicht nur Desinformation als immer größer werdendes Problem für die UN. Mobiltelefone als Sprengsatzauslöser, unbemannte Kampfflugzeuge oder Cyberangriffe sind realistische Angriffsszenarien, die im Zuge der Digitalisierung zunehmend relevant werden.

Die Zahlen und Herausforderungen zeigen, dass die UN nicht nur Frieden und Sicherheit fördern, sondern auch ihr Personal vor Bedrohungen schützen müssen. Dabei gibt es jedoch auch logistische Probleme, da der Zugang zu moderner Technologie in einigen Konfliktgebieten eingeschränkt ist. Zudem kann der übermäßige Gebrauch von Technologien in eine Abhängigkeit führen, die beim Ausfall der Systeme den Erfolg der Mission gefährden kann.

Welche Chancen die neuen Technologien bieten

Die UN haben die neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Herausforderungen wie Desinformation bereits in verschiedenen Sitzungen im UN-Sicherheitsrat und der UN-Generalversammlung diskutiert. Genauso betrachtet wurden jedoch auch die neugewonnenen Möglichkeiten. Die Nutzung digitaler Technologien kann Entscheidungsprozesse verbessern, personelle Kompetenzen stärken und technologische Bedrohungen effektiver überwachen. Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (United Nations Support Mission in Libya – UNSMIL) zeigt den positiven Effekt neuer Technologien: Der Einsatz von KI hat dazu beigetragen, den Weltfriedensindex (Global Peace Index) 2022 in Libyen steigen zu lassen. Bei MONUSCO und der Mission der Vereinten Nationen in Südsudan (United Nations Mission in South Sudan - UNMISS) kamen neue Technologien für die effektive Datenauswertung von Lagebildern zum Einsatz, während für MINUSMA und MONUSCO eine Frühwarn-App entwickelt wurde. Um auch in Zukunft neue Technologien weiter in den Missionsalltag integrieren zu können, wurden Hauptziele formuliert, die die Arbeit verbessern sollen.

Künftig sollen digitale Innovationen, die die Arbeit der UN erleichtern, stärker gefördert werden. Fonds werden genutzt, um die digitale Transformation von Friedensmissionen voranzutreiben und die Mandatsimplementierung zu optimieren. Die UN wissen jedoch, dass sie für dieses Vorhaben auf Partnerschaften und die Unterstützung der Mitgliedsstaaten angewiesen ist. Diese sollen finanzielle und informative Ressourcen für den Wissenstransfer bereitstellen.

Zugang zu neuesten Technologien, Einblicke aus der Zivilgesellschaft und Austausch mit der Forschung sollen den Erfolg der Missionen fördern. Anwendungen, die auf Virtueller Realität (VR) basieren, können zu Schulungszwecken genutzt werden, um Entscheidungsprozesse in Simulationen zu üben und Strategien zu entwickeln. Neue Technologien fördern die Einbeziehung der Zivilbevölkerung durch Online-Plattformen für Dialoge, Abstimmungen und Information, wie bei UNMISS, was das Verständnis stärkt.

Der wichtigste Baustein für die positive Nutzung von Technologien

Im Jahr 2021 veröffentlichten Abteilungen innerhalb des UN-Generalsekretariats, die zur Friedenssicherung arbeiten, eine Strategie für die digitale Transformation von Friedensmissionen. Sie umfasst Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von Technologien, einschließlich KI. Sie betont außerdem Transparenz, Verantwortlichkeit und den Schutz der Menschenrechte. Außerdem bieten die UN Trainingsprogramme an, um das Personal im Umgang mit KI-Technologien zu schulen, sowohl in technischen Fähigkeiten als auch in ethischen Fragen.

Mitgliedstaaten sollen die digitale Transformation in UN-Friedensmissionen durch Technologietransfer, Kapazitätsaufbau und Bereitstellung von Ausrüstung und Know-how unterstützen. Das ist entscheidend, um innovative Lösungen zu fördern. Wissenstransfer und Informationsaustausch, etwa durch Konsultationsprozesse und Zugang zu Daten, verbessern die Bedrohungsanalyse und Entscheidungsfindung. Politische und diplomatische Unterstützung, einschließlich der Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren und der Förderung von Vertrauen in neue Technologien, sind ebenfalls notwendig. Durch den Austausch können Mitgliedstaaten praktische Erfahrungen einbringen und ihr eigenes Wissen erweitern.

Ein weiterer Meilenstein im Umgang der UN mit neuen Technologien stellt die Resolution 78/265 (2024) der Generalversammlung dar. Mit der Resolution soll ‚gute‘ KI, die die Ziele der UN unterstützt, gefördert werden. Doch auch hier hängt der Erfolg von den Mitgliedstaaten ab, die verlässlich finanzielle Mittel und Know-how bereitstellen müssen. Durch Innovation, Zusammenarbeit und Wissenstransfer können Friedensmissionen besser auf komplexe Herausforderungen reagieren und zu einer stabileren, friedlicheren Welt beitragen. Die Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft zu investieren, ist entscheidend, um diese Vision zu verwirklichen.

Fabienne Hofmeister

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